Sicherlich besteht hier keine Notwendigkeit diese Worte zu definieren, doch mag es das Wesentliche dieses Beitrages klarstellen.
Vorspiegelung ist der Versuch etwas vorzutäuschen, das nicht der Tatsache entspricht. Vortäuschung ist der Versuch etwas als so erscheinen zu lassen, das nicht so ist. Vortäuschen ist ein Akt der etwas vorspiegelt, das nicht so ist.
Üblicherweise dient es dem Zweck sich einen Vorteil zu schaffen, weil man mehr sein will, mehr haben will, mehr angibt als man wirklich tut. Einfach gesagt, es entspricht nicht den Tatsachen, ist also nicht wahr.
Wer hat Interesse daran von der Wahrheit abzuweichen? Es gibt verschiedene Gründe, doch hauptsächlich ist es, weil wir etwas erreichen oder verstecken wollen.
Vorspiegelung oder Vortäuschung ist nicht nur unter Menschen zu finden. In der Natur erfüllt es einen ganz besonderen Zweck. Es dient dem Überleben. Camouflage Taktik schützt vorm Gefressen werden und ermöglicht andererseits erfolgreiche Nahrungsbeschaffung. Wer ist nicht beeindruckt von dem, was sich Chamelion, Steinfisch oder Leopard in diesem Sinne einfallen lassen, um nur einige zu nennen. Wer ist nicht verblüft über die Existenz Insekten vertilgender Pflanzen, die so freizügig ihren süssen Nektar anbieten, aber tatsächlich nur ihre eigene Mahlzeit organisieren?
Der Mensch ist der einfallsreichste Trickster. Wir haben alle anderen Kreaturen übertroffen. Wir brauchen keine Tricks mehr um in einer wilden Natur überleben zu können. Wir brauchen tatsächlich keine Vorspiegelung oder Vortäuschung, wir brauchen uns nicht zu verstellen. Dass wir es allerdings noch immer tun, liegt wohl an unserem tierischen Erbe, und zu allem Überdruss hat es sich nun gegen uns gekehrt, in so vielfältiger Weise, dass es absulut unserer Aufmerksamkeit bedarf.
Heutzutage fangen wir Fische zum Vergnügen, Tiere für unseren Stolz, Menschen zur Ausbeutung. Unsere Vortäuschungsfähigkeiten haben sich sublimiert aber leider haben sie ihren tierischen Ursprung nicht verloren.
In unserer industrialisierten Welt, Vorspiegelungen und Vortäuschen haben den Zweck, sich Geld, Profit oder andere materielle Güter zu beschaffen. Wir sind noch immer von Angst besessen, dass wir nicht überleben können, aber weil wir Geld nicht essen können, bleiben wir hungrig und brauchen mehr. Ein voller Magen macht uns klar, dass wir genug gegessen haben; Geld kann uns das niemals vermitteln, daher können wir auch niemals genug davon haben.
Ist es wirklich notwendig darauf hinzuweisen, wohin uns das geführt hat, was das für uns als Individuum, für die Menschheit im allgemeinen und unserem Planeten Erde im gesamten, bedeuted? Leider ja, denn es gibt zu viele Menschen, die noch immer vorgeben, dass ohnehin alles in Ordnung ist und dass wirklich keine Notwendigkeit besteht, Alarm zu schlagen, denn schliesslich müssen wir unser Geld verdienen. Ohne Geld, kein Überleben! Egal, dass wir dabei den Ast abschneiden auf dem wir sitzen. Das ist an sich mehr als fragwürdig, denn es macht absolut keinen Sinn.
Nun, es besteht kein Grund, die Regierung dafür verantwortlich zu machen, oder wen auch immer wir beschuldigen wollen. Wenn wir selber nicht bereit sind, A/nderungen vorzunehmen, niemand wird was ändern. Das heisst nicht, dass wir zu „pre-historischen Zeiten“ zurückkehren sollten, weniger Verschwendung würde schon helfen. Was es tatsächlich heisst, ist, dass es höchste Zeit ist, Homo Sapiens beweist und gibt nicht nur vor, dass er mehr ist als jedes andere Lebewesen. Der Ameisenbär scheint uns allemal überlegen zu sein. Er krallt sich in den Termitenbau nur soweit wie er es für eine Mahlzeit braucht. Er frisst nie die Ameisenkolonie zur Gänze auf. Das ist ein weises Lebewesen, weiser auf jeden Fall als wir es ihm zugestehen und weiser als wir uns sehen.
In unserem sozialen Leben sind Vortäuschungen ebenso zerstörerisch, sowohl für den Einzelnen als für uns alle. Was begehren wir am allermeisten? Wir sehnen uns nach Bewunderung, Anerkennung, Liebe, Macht. Wenn wir nur wenig oder nichts davon haben, sind wir absolut bereit, es mit falschen Tatsachen zu erreichen oder vorzuspiegeln. Wir leben nämlich noch immer nach dem Naturgesetz der Auslese, das unsere Chancen auf‘s Überleben in einer feindlichen Umwelt garantiert, indem nur der Gesunde, Stärkste, Beste, erfolgreich ist. Selbst wenn wir nichts von dem sind, wollen wir uns fortpflanzen. Auch das hat für uns heutzutage wenig oder gar praktische Bedeutung. Wir überleben selbst wenn wir weder fit, noch stark noch besonders leistungsfähig sind. Es gibt keine Rechtfertigung für Vortäuschung, keine Notwendigkeit etwas vorzuspiegeln. Selbst unsere Fortpflanzung ist nahezu garantiert.
Nachdem der moderne Mensch sich weniger ums Überleben sorgen muss, das nächst Wichtigste in seinem Leben, ist der Wunsch glücklich zu sein. Jeder wünscht sich glücklich zu sein, alle jagen dem Glück nach. Leider ist dieses Unternehmen dem Untergang geweiht, wenn wir es mit Vortäuschen oder falschen Tatsachen zu erreichen versuchen. Wir mögen zwar kurzfristig erfolgreich sein, aber es ist gewiss kurzlebig. Selbst wenn unsere Vortäuschungen noch nicht entdeckt worden sind, wir kennen die Wahrheit und deren Eigenheit, sich ihren Weg an die Oberfläche zu bahnen trotz aller unserer besten Bemühungen sie abzudecken. Allein die Furcht, entdeckt zu werden, macht das Leben unerfreulich. Der Betreffende muss dauernd Vorsicht walten lassen, was er sagt, was er tut und was andere tun oder sagen. Er lebt in ständiger Sorge, ob das Unaufhaltbare nicht ohnehin schon geschehen ist, trotz aller Vorsichtsmassnahmen. Der Untergang ist nur eine Frage der Zeit, Lächerlichkeit mag sich hinter der nächsten Ecke befinden, der Geliebte hat vielleicht schon das Weite gesucht und diverse Leute sind uns bereits auf der Spur und wollen unseren Kopf.
Leider sind alle diese Ängste kein Abschreckungsmittel. Heuchler, Schwindler Angeber, Gauner, Betrüger in allen Graden und Schattierungen sind überall und scheinen sich noch zu vermehren. Ein gewisser Grad von Voyerismus, der in uns allen steckt, hilft diesem Phenomen entlang. Wir lieben Berühmtheiten, aber noch mehr deren Niedergang. Es dient unserer Unterhaltung deren Schwächen bloss gelegt zu sehen und wir können es in unseren Medien jederzeit verfolgen. Wir lieben die Erfolgreichen, doch konzentrieren wir uns auf die Ehren, die das bringt, nicht auf die Arbeit, die dahintersteckt. Wir bewundern die erfolgreichen Liebhaber, aber gönnen ihnen ein gebrochenes Herz. Und verehren wir nicht alle Mächtigen und sind entzückt wenn sie von ihrem Pedestal fallen? Es bestätigt nämlich, dass nichts sicher, Arbeit aber zu hart ist, dass unsere Geliebten uns jederzeit verlassen können und dass Machthaben nichts für Zauderhafte ist.
Daher ist Vortäuschen, zumindest für kurze Zeit, eine Möglichkeit, Früchte zu geniessen, die man entweder nie oder nur mit Mühe bekommen würden. Allerdings ruinieren wir dabei unsere Chance wirklich glücklich zu sein. Wir haben ungemein Angst unser Selbst zu sein. Das allein macht uns verletzbar. Nicht unser Eigenpotential wahrzunehmen ist die Schwäche, der wir entrinnen wollen. Es macht uns zu jenen Erfolglosen, die wir fürchten, dass wir sind.
Was also bedeuted es für uns wenn wir nicht so populär, so talentiert, so bewundernswert oder erfolgreich sind, wie wir es uns wünschen? Offensichtlich bedeutet es, dass wir uns mit dem vergleichen, das wir am meisten erstrebenswert finden. Dann stellen wir unsere minderen Qualitäten fest und wenn der Unterschied zu gross ist, werden wir deprimiert. Wir betrauern, was wir nicht haben. Es wäre besser, wir würden auskundschaften, was wir haben und das dann zu unserem Besten umgestalten. An diesem Punkt ist es leicht einer Versuchung nachzugeben, nämlich vorzutäuschen, für den einen oder anderen Grund. Das kann Furcht sein oder Begierde, was auch immer. Weder das eine noch das andere ist notwendig unsere Überlebensfähigkeit zu garantieren, aber es garantiert ganz sicher unsere Unglückseligkeit.
Ist es von Bedeutung, wenn der Mensch unglücklich ist? Absolut! Tatsächlich mag das Überleben des Homo Sapiens davon abhängig sein.