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DNS II, Kapitel 3, Teil 2

Veröffentlicht von am in Buch Kapiteln

 

Femina weiss nicht, wie lange sie geschlafen hat. Lange genug jedenfalls. Sie ist  noch immer im Flur, aber der ist wieder dunkel, bis auf die mueden Lampen mit ihrem mueden Licht. Es ist ihr auch recht kalt. Ueber den Steinboden fliesst kuehle Luft, wenn auch nur wie unregelmaessige Atemzuege, es ist genug, sie froesteln zu lassen. Sie folgt den sanft schwingenden Lampen in ihrem Hin und Her. Die haben keine neue Botschaft: Sie ist alleine, ueber sie wird immer noch bestimmt und alles hat zwei Seiten. 

Wie hat Dimitri sie genannt? Ein egoistisches Miststueck. Ist der Kaefig nicht golden genug? Wie kann sie Dimitri erklaeren, dass sie leidet, weil sie sich ausgeliefert fuehlt und weil sie wehrlos ist. Im Innersten ihrer Seele liegt eine tiefe Traurigkeit. Nach ihrem Gedaechtnis suchend, mangelt es ihr an Vertrauen und Selbstsicherheit, und der Zweifel ist nunmehr ein staendiger Begleiter. Freilich,  ihr Wille ist ungebrochen. Er treibt sie voran, er haelt sie am Leben. Bloss, mit dem Existieren allein ist es ja nicht getan und die Gehirnwaesche hat gruendliche Arbeit geleistet.

Sie steht auf. Ihre Glieder sind steif vor Kaelte. ‚Also dann nichts wie los‘, sagt sie sich. Der zittrige Koerper hilft ihr, sich gegen die Kaelte zu wehren und erleichtert ihre Wahl, naemlich fuer welche der Tueren sie sich entscheiden soll, mit welcher sie  das hausinterne Forschen beginnen will. Es ist ihr kalt, - was ist naheliegender, als nach was Warmen zu suchen. Sie geht den Korridor entlang, betastet ein paar Tueren, bis sie auf eine trifft, die ihre Sinne aufmerken lassen. 

Femina inspiziert sie neugierig. Es ist eine ganz einfache, schmucklose Tuer. Kein  Hinweis auf etwas Vielversprechendes, auch nicht bei naeherer Betrachtung, aber so wie sie sich anfuehlt, erlaubt es genug positive Assoziationen. Das Holz, dunkel gebeizt, von solider Gediegenheit, fuehlt sich glatt an und warm, wie weicher Samt auf blosser Haut. Es gibt auch keine Metallklinke, sondern nur einen runden gedrechselten Holzknopf mit sanften Rillen, der sich in ihre Hand schmiegt und den kalten Fingern einen wohlig warmen Griff erlaubt. Sie gibt ihrem Gehirn Zeit, all die Eindruecke zu sammeln. Hoeren kann sie allerdings nichts, auch wenn sie ihre Ohren hie und da fest ans Holz presst. Hoffnung, dass sich hinter dieser Tuer was Gutes befindet, kann sie natuerlich immer haben, und da ihre Sinne positive Signale liefern, kann sie sogar etwas Positives erwarten, aber leider sind die beiden keine Garantie. Sie wird die Tuer schon aufmachen muessen, um sich Gewissheit zu verschaffen. Dass sie zaudert ist nicht unbegruendet, schliesslich ist in diesem Haus nichts eindeutig oder sicher. Sie muss also ihren Sinnen vertrauen, wem sonst, liefern sie doch die Daten, die der Richter fuer sein Urteil braucht. Und damit dreht sie den Knopf. Die Tuer schwingt auf, leicht und geraeuschlos, ohne etwaigen Widerstand.

Warme Luft schlaegt ihr entgegen und naechtliche Dunkelheit. Auch wenn sie vorerst nicht viel sehen kann, die Luft ist leicht und angenehm, wie eine warme Sommernacht. So tritt sie denn ein und die Tuer faellt hinter ihr ins Schloss, sanft und lautlos, ohne Nachklang, ohne Zeichen von Endgueltigkeit. Ein Gefuehl der Weite ueberwaeltigt sie und weil die Kaelte sie noch immer im Griff hat, laesst sie sich zu Boden gleiten. Sie muss ihrem Koerper Zeit geben, sich der Kaelte zu entledigen, und ihren Augen die Gelegenheit, sich an die Dunkelheit zu gewoehnen. So verharrt sie vorerst mit geschlossenen Augen, doch ihre Sinne sind hellwach. Sie verspuert Vibrationen, sowohl von der Luft, die ihre Haut beruehrt, als auch durch den Boden, auf dem sie sitzt. Es sind angenehme Gefuehle, die dadurch ausgesloest werden. Hin und wieder vermeint sie Klaenge zu hoeren, fein und unbestaendig, aber durchaus rein und von einer Frequenz, die ihre Zellen in Schwingung bringen. Und sie glaubt, in der Sommernacht hat jemand Fackeln entzuendet, denn die Dunkelheit ist unbestaendig, ja sie vermeint, hin und wieder unstete Lichter durch ihre geschlossenen Augenlider tanzen zu sehen. Waehrend sich ihr Koerper langsam erwaermt, scheint auch ihre Neugierde zu erwachen, und so oeffnet sie ihre Augen. 

Die Eindruecke bestaetigen sich; sie ist nicht einem Zimmer gelandet. Sie sitzt tatsaechlich auf warmer trockener Erde, und vor ihr liegt weites Land. Ueber allem spannt sich ein nachtblauer Himmel. In der Ferne sieht sie eine metallisch gruen schimmernde Kuppel, die sich hoch hinauf in sein wundersames Blau draengt und sich kreisfoermig ueber ein ausgedehntes Stueck Land woelbt. Farbiges Leuchten taucht darueber auf, und flackert ueber den Himmel, als gaebe es Polarlichter oder Wetterleuchten, doch ist es weder das eine, noch das andere. Es ist ein Schauspiel ganz besonderer Art, aber gar ein bisschen zu phantastisch. ‚Wie waer’s mit naechtlicher Fata Morgana?‘ spoettelt sie und kneift sich in die Wange. Ein uralter Trick, hilft ganz bestimmt, wenn man wissen will, ob man wach ist oder traeumt. Aber es hat schon seine Richtigkeit, sie traeumt nicht, sie ist, ganz und gar, wach. 

Femina steht auf. Was immer sie von hier aus sieht, gefaellt ihr, und da will sie hin. Mit kraeftigen Schritten eilt sie voran, auf einem Teppich aus trockenem Gras, das das zielstrebige Wandern zum angenehmen Erlebnis macht. Je naeher sie dieser Kuppel kommt, desto phantastischer wird die Nacht und alles, was drin ist. Ueber den Himmel in seinem naechtlichen Firmament wandern, tanzen und gleiten in wechselnder Anzahl leuchtende Farbbilder, die die unterschiedlichsten Formen haben. Manchmal formen sie Muster, dann sind es wieder Zeichen, oder bizarre Konstellationen, und sie geben Klaenge ab, oder folgen Klaengen, sind in jedem Fall mit Klang verbunden. Sie tauchen auf, aus dem Blau der Nacht und streben zur Kuppel, und umgekehrt, steigen aus der Kuppel hinein in den Himmel, wo sie dann in die Ferne wandern, bis sie ueber dem Horizont verschwinden. 

Je naeher sie kommt, desto mehr vibriert die Luft und desto klarer hoert sie die Toene. Es sind tatsaechlich leuchtende Klangbilder, die durch die Luefte schweben, wie schillernde Seifenblasen, die Klein und Gross erfreuen. Die entzueckten Rufe der Kinder sind hier wohl nicht zu hoeren, aber die Klaenge in ihren einfachen und klaren Toenen, sind nicht nur wundersam anzuhoeren, sondern haben jene Qualitaet, die jeden Aether und allen Kosmos durchdringen. Sie sind fuehlbar, und wie es scheint, haben sie mit den Farben und deren Intensitaet eine unmissverstaendliche Verbindung. Sie wirken aufeinander, machen das Klingen lauter oder die Farben leuchtender und laufen wie die Wellen an ihren Strand, an diesen oder jenen, in diese oder jene Richtung. Manchmal gibt es gar viele, die die blaue Nacht fuellen. Man koennte dann meinen, da waere ein riesiges Vogelhaus mit Scharen bunter und wundersam singender Voegel. Es ist eindeutig, dass die Lichtkuppel eine spezielle Bedeutung hat, denn dorthin strebt alles und von dort geht alles aus. Sie ist wie ein Organismus, der in Farben atmet und in Klaengen spricht. Manchmal bleiben Himmel und Erde still und die Nacht dunkel, doch die Kuppel leuchtet stetig in ihrem gruen phosphorisierenden Licht, wenn auch nicht immer in gleicher Intensitaet, doch nie von grosser Unterschiedlichkeit.    

Je naeher sie ihrem Ziel kommt, desto mehr Einzelheiten kann sie wahrnehmen. Nicht dass ihr das Klarheit verschafft!  Am Horizont, im Hintergrund der Kuppel, zeichnen sich Konturen ab, vielleicht eine Ansiedlung, vielleicht auch nur Berge oder eine ferne Gebirgskette. Der Lichtdom ist auch kein solides Gebilde, sondern tatsaechlich nur Licht, gruen phosphorisierendes Licht, das von weitem wie eine lichtgefuellte Glaskuppel erscheint. Es beleuchtet einen weiten Kreis ebenen Graslandes, dessen Umfang jedoch aus einem weitem, klar definierten Ring besteht, in dem Femina unspezifische Silhouetten wahrnimmt, die aber mehr Bewegung als Gestalt haben. Es koennten Buesche, Baeume, aber auch Saeulen oder Masten, ja sogar eine Art Lichtpfosten sein, die im sich staendig aendernden Lichtspiel, Bewegung vortaeuschen. Sie vermutet allerdings, der Ring ist der Lichtspender und wahrscheinlich sogar verantwortlich fuer die Lichtspiele. Ja tatsaechlich, es gibt nur eine Schlussfolgerung: Das ganze ist eine Sende und Empfangsanlage! All diese Klangbilder, die da wogen und ebben, in einem sonst stillen Himmel, all diese Farbentoene, die da kommen und gehen, grad so, as sende jemand Rauchsignale in den leeren Raum und Schallwellen in waessrige Tiefen, - es ist eine Sende- und Emphangsstation, vielleicht sogar, oder auch, eine Relais-, Transformations- und Nachrichtenzentrale!  

Als sie noch naeher herankommt, mehr oder weniger bereits im Schein des Lichtes befangen, ist sie aber erst recht verbluefft. Logik reicht hier nicht aus, weder fuer eine Erklaerung, noch als Beweis, ob sie es mit Wirklichkeit zu tun hat, und nicht doch nur mit Illusion, die sich aufloest, sobald man danach greift. Oder vielleicht hat sie eine Halluzination, die sie glauben laesst, da sei Realitaet, wo es keine gibt.  

Der arme Verstand kann garnicht anders als dem Zweifel freie Hand zu lassen. Wie dem auch sei, ihre Schlussfolgerung ist schon richtig. Es ist eine Sende- und  Empfangsstation! Nur, sie besteht nicht aus Radiotuermen und Metallantennen, sondern aus Menschen! Menschen sind der Ring, viele Menschen, viele, viele Reihen von Menschen. Sie formen, wie Gliederketten, wenn auch nicht immer vollkommen geordnet oder regelmaessig, den Umfang des Kreises, den Femina, nun in seiner Naehe, laengst nicht mehr in seiner gesamten Ausdehnung sehen kann. Es spricht jedoch nichts dagegen, vom kleinen Ausschnitt, auf das Gesamte zu schliessen, hat sie sich doch aus der Ferne einen Ueberblick schaffen koennen. 

Die Reihen des Ringes moegen sich wohl aendern, ebenso die Anzahl der Glieder, abhaengig davon, wieviele Menschen sich im Ring befinden. Es herrscht naemlich ein Kommen und Gehen, ein Warten und Verweilen, welchen Regeln das auch immer folgen mag. Sobald sich die Menschen aber niederlassen, strahlt von ihnen ein gruenes Licht aus, grad so, als haetten sie Scheinwerfer, die sie entweder einschalten, oder die eingeschaltet werden. Sie koennten freilich auch selber die Lichtquelle sein, sowie die Leuchtkaefer, die in den warmen Sommernaechten in  Schwaermen durch die Luefte tanzen, und mit ihrem Gefunkel den Zauber der Sterne auf die Erde holen. 

Femina verliert die Geduld mit ihren grauen Zellen. Sie setzt ihren Weg fort, schneller als zuvor, und macht erst wieder Halt, als sie unmittelbar am Ring anlangt. Sie ist schon lange nicht mehr alleine. In zunehmendem Masse musste sie sich ihren Weg durch die Menge der Menschen suchen, die sich im Umfeld der Anlage aufhielten. Da gibt es Gruppen, einzelne Personen, so wie sie, und da ist ein staendiges Wandern vom oder zum Kreis. Das Aussenfeld des Ringes scheint eine Ruhezone zu sein. Einige der Anwesenden haben sich bestens versorgt, mit Decken und sogar Proviant, nicht so wie sie, die nur sich selbst mitgebracht hat. Bevor sie sich aber naeher mit den Leuten befasst, will sie die Aktionen im Ring beobachten.

Im Ringinneren sind alle Teilnehmenden nahe genug beieinander, um sich die Haende geben zu koennen. Die meisten sitzen mit verschraenkten Beinen im Lotussitz,  mit ihren Ruecken nach draussen, den Gesichtern nach drinnen gewandt, und mit geschlossen Augen, so scheint es jedenfalls. Von ihnen steigen Luftschwaden auf, aehnlich dem Atem in kalten Naechten, doch von feinerer Konsistenz und in farbiger Transparenz. Wie Girlanden gleiten diese entlang der Innenseite der gruenen Lichtkegel. Je hoeher sie steigen, desto mehr nehmen sie Gestalt an, bis sie sich schliesslich zu jenen Leuchtformen zusammenfinden, die sich dann aus dem gruenen Lichtfeld losloesen, um ihre Wanderung im weiten Himmel zu beginnen. Die Klaenge, die sie begleiten scheinen ebenfalls von den im Kreis Sitzenden durch  Summen und Raunen, aber auch einfachem Chorus und Chants, produziert zu werden. Die Klangbilder, die vom Himmel, also von aussen, ins Leuchtfeld eintreten, bahnen sich ihren Weg nach unten, entlang der gruenen Strahlen auf deren aeusseren phosphorisierenden Oberflaeche, bis zu den Koepfen im Ring, wo sie in deren Hinterseite und Nacken ploetzlich verschwinden. Die gruenen Lichtstrahlen dienen also, ganz einfach ausgedrueckt, wie eine Strasse, dem Nachrichtenverkehr; und jeder im Kreis ist Sender und Empfaenger. 

Nicht immer sind alle gleichermassen aktiv, und schon garnicht alle Ketten. Manchmal sind es nur Sektionen, manches mal sogar nur einzelne Menschen, dann wieder sind es viele Gruppen in den diversen Reihen. Der Ring ist wie ein Schaltbrett mit vielen bunten Knoepfen, die in unterschiedlicher Anzahl und Kombination aufleuchten. Sie waere gerne ein Vogel, um sich das Ganze von oben anschauen zu koennen. Allerdings gibt es keinen Hinweis, der erklaeren koennte, warum nicht der ganze Kreis mit Menschen gefuellt wird. Auch nicht,  wie es kommt, dass im Kreisinneren klares Weisslicht scheint. Es ist grad so, als gaebe es eine gruene Kuppelwand, deren Dimension wechseln kann und die sich, wie eine Barriere zwischen Tag und Nacht draengt, mit dem naechtlichen Blau draussen und dem transparenten Weiss des Tages drinnen.  

Es scheint auch, dass die Menschen durchaus miteinander kommunizieren, wenn auch nicht unbedingt mit Worten. Alles weist darauf hin, dass dies einerseits durch direkten Kontakt geschieht, wie durch Haendegeben, aber auch durch die anderen Sinne. Damit sind alle der Teilnehmenden sowohl Transformer, als auch Vermittler oder Ueberbringer. Vielleicht sind einige mehr qualifiziert, als andere, aber tatsaechlich ist die Staerke der Anlage abhaengig von der Anzahl der aktiven Glieder. Jedes einzelne Glied ist wichtig, denn das gruene Licht kommt von allen und  ist als grundlegendes Element, der Traeger der Funktion. 

Was die Farbklaenge bedeuten, oder welche Nachrichten sie bringen, ist ebenso wenig ersichtlich, zumindest soweit es Femina versteht. Das Schauspiel von Farbe und Klang ist aber ein Erlebnis, das sie tief beruehrt. Sehnsucht kommt auf, gefolgt von vielen anderen Gefuehlen. Sie wirbeln wie der Wind durch enge Schluchten. Ach du arme Seele, wie gehst du bloss mit dir um! Warum so bange, warum so verwirrt? Du kannst doch fuehlen, aufnehmen und weitergeben grad so gut. Und du kannst ganz gewiss teilnehmen! Das willst du doch, in den Ring gehen, oder nicht? Und warum auch nicht! Was brauchst du denn? Eine amtliche Bestaetigung, eine behoerdliche Genehmigung? Ganz gewiss nicht! Du bist dir bloss selber nicht gut genug! Aber da ist niemand, der dich hindert, keiner, der Anordnungen gibt. Du kannst tun und lassen, was du willst! Seelchen schuettelt mitleidheischend den Kopf. Es ist doch so allein und hat nicht einmal eine Taschenlampe bei sich, schon gar keinen Scheinwerfer! Das ist das Problem! Aber dafuer hat Femina kein Verstaendnis. Unsinn! Es ist bloss der Zweifel, der staendig Unruhe stiftet. Er hat zwar seinen Wert, aber seine Dominanz ist nicht angebracht, schon garnicht, wenn er sich zum Eigenfeind macht. Freilich, das mit dem Alleinsein und der Hilflosigkeit stimmt, doch das sind Gefuehle, die sich aendern koennen. Ja, arme Seele, dein Leiden existiert, aber du musst darin nicht ertrinken. 

Ihre Gedanken werden unterbrochen. Der Himmel ist in Aufruhr geraten. Er lichtert und flackert und leuchtet bunt auf, wie ein riesiges Feuerwerk erhellt es die Nacht. Turbulente Klaenge und Wirbel von Toenen wetteifern miteinander als wollten sie ungeteilte Aufmerksamkeit. Die Menschen im Kreis reichen sich die Haende. Ein tiefes Raunen kommt auf, und das gruene Licht wird stark und hell. Die Koerper beginnen zu pulsieren. Das Crescendo von Farben und Klaengen, laesst Femina’s Herz heftig schlagen. Auch wenn sie keine Ahnung hat,  worum es geht, es muss wichtig sein, denn alle rund um sie eilen in den Ring, neue Ketten formen sich und schliessen sich fest zusammen. Alle Aktionen synchronisieren sich. Man koennte meinen, da ist ein Meer mit all seinen Wellen und Wogen. 

Femina’s Herz scheint mit dem Kreis verbunden zu sein. Es fuehlt dessen Puls und schlaegt in dessen Rythmus. Es ist allerdings ausgeschlossen, sich vom Geschehen zu isolieren, denn Boden und Luft vibrieren, und die Sinne werden bombardiert, als seien sie in einem Meteoritenschauer. Nachdem sich die Erde wieder beruhigt  und die Signale am Himmel nur mehr vereinzelt auftauchen, lichtet sich auch der Ring. Viele der Leute kehren zurueck, andere wandern hinein in die Nacht. Das Senden und Empfangen geht aber weiter, vorallem das Senden, mit gesteigerter Intensitaet. Die einzelnen Klang- und Leuchtgebilde scheinen besonders stark, und die begleitenden Toene haben eine Urkraft, die mehr als nur das Gehoer anspricht. Es ist nicht einmal notwendig, den Vorgaengen volle Aufmerksamkeit zu schenken. Licht und Schall bahnen sich ihren Weg, unabhaengig, und durch alles, und Integration erfolgt muehelos.  

Femina entfernt sich ein wenig vom Ring und laesst sich nieder. Ihr Interesse wendet sich ihrer unmittelbaren Nachbarschaft zu. Sie hat kein Verlangen, weiter zu ziehen. Ganz im Gegenteil. Sie wird in den Kreis gehen, irgendwann spaeter, auch wenn sie nicht verstehen sollte, worum es geht. ‚Probieren geht ueber studieren,‘ sagt sie sich. Doch zuerst will sie die Menschen ein bisschen naeher betrachten, die da grade vom Ring gekommen sind. Auch wenn sie alleine ist, so wie einige andere auch, niemand wirft ihr tadelnde oder mitleidige Blicke zu, niemand belaestigt sie mit Neugier oder unwillkommener Konversation. Es sind durchaus unterschiedliche Leute. Manche tragen gutes Schuhwerk, andere sind barfuss, da gibt es Frauen in Hosen und Maenner in Sarongs. Manche sind weisshaeutig, andere dunkel. Es ist ein Gemisch von Menschen verschiedener Herkunft und aller Altersstufen. Femina fuehlt sich rundum wohl zwischen ihnen. Ja, so wohl wie schon lange nicht. Egal, ob Fata Morgana, Illusion oder Halluzination, es ist wirklich eine laue, phantastische Sommernacht, und es waere unverzeihlich, dieser den Zauber zu nehmen.  

Ihr Blick faellt auf eine Gestalt, die unmittelbar in ihrer Naehe Halt gemacht hat. Ein Laut des Entzueckens entfaehrt ihr. Es ist Baba! Er hier? Ausserordentlich, aber eine hoechst willkommene Ueberraschung! Sie lachen sich zu. Er steht gelassen da, abwartend. Sein Lachen, ja er selber, ist genauso, wie es, wie er war, damals, als sie ihm zum ersten Mal begegnete, auf einem Treck in den Bergen, dem ersten, um genau zu sein, und dem viele andere folgten.  

 

      

   

                    

 

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Kommentare

  • Ingrid Hashish-Hematyar
    Ingrid Hashish-Hematyar Montag, 06 Oktober 2014

    Freu mich ungemein, dass ich schon weiter lesen kann! Spannend wie immer!!
    L G Ingrid

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