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DNS II, Kapitel 6, Teil 4

Veröffentlicht von am in Buch Kapiteln

 

Femina findet in Dan und Ger ideale Reisegefaehrten. Sie sind Vanille und Schokolade, und sie selber ist die Garnierung, oder der Tupfen Schlagobers zur Bereicherung. Ist der eine einfach und direkt, der andere ist komplex und reserviert. Beide sind attraktiv, doch Ger legt im Gegensatz zu Dan wenig Wert auf Auesserlichkeiten, waehrend Dan, zugegeben mit Erfolg , sehr auf sich achtet. Wo immer sie mit Leuten in Kontakt kommen, er zieht alle Augen auf sich, vorallem die des weiblichen Geschlechts, und obwohl Vanille den meisten Menschen schmeckt, wer kann schon der Schokolade widerstehen, wenn sie so attraktiv verpackt ist, wie Dan. Er geniesst die Aufmerksamkeiten, jedoch mit einer Selbstverstaendlichkeit, die keinen Zweifel zulaesst, dass er sich seines Wertes bewusst ist, mit oder ohne Bewunderung. Zudem ist er klug genug, sich nicht Feinde unter dem maennlichen Geschlecht zu schaffen. Im Gegenteil, er hat auch dort seine Bewunderer. Femina ist fasziniert, und amuesiert, wie geschickt, ja muehelos, er seine Mitmenschen manipuliert und fuer sich gewinnt. Das liegt wohl daran, dass er weiss, was er will und was ihm dienlich ist. Alles andere zieht er garnicht in Betracht.

Ihr Verhaeltnis mit den beiden ist angehnehm unkompliziert. Sie verstehen sich ohne vieler Worte. Es spricht fuer Dan, dass er keine Forderungen an sie stellt, trotzdem sie mit ihm eine intimere Beziehung hat. Er ist auch, ohne den Kavalier zu spielen, galant. Tatsaechlich sind das beide Maenner. Sie hat nie Anlass, sich ueber deren Verhalten zu beklagen, weder ihr, noch anderen gegenueber. Manchmal findet sie Ger naiv, was seine Erwartungen vom anderen Geschlecht betrifft, aber sie hat nicht die Absicht, seine Traeume zu zerstoeren. Dan aeussert sich diesbezueglich wenig. Sie weiss, dass er in jedem Fall, seine Interessen wahrt. Mehr will sie garnicht wissen. Solange sich ihre und seine Interessen vereinbaren lassen, wird ihre Beziehung ebenso reibungslos laufen, wie die gut geoelte Maschine seines Motorrads. Es ist ihr allerdings nicht verborgen geblieben, welchen Effekt ihre Gegenwart auf seinen maennlichen Stolz hat.  

Das Land, durch das sie reisen, ist fuer alle drei neues Territorium. Zwar stammen Dan und Ger aus demselben Land, so dass es ihnen nicht voellig unbekannt ist, aber sie waren nie in diese Gegenden gekommen. Fuer Femina ist jedoch wirklich alles fremd, ja fremdartig, im wahrsten Sinne des Wortes. Sie kann es mit keinem anderen Land vergleichen, das sie bisher gesehen hat, zumindest nicht, soweit sie sich erinnern kann; und es hat schon gar keine Aehnlichkeit mit dem Land, das ihr die Buerokratie, als „Heimatland“, zugeordnet hat.

Heimatland! Femina’s Gedanken stolpern ueber dieses Wort. Sie hat immer Schwierigkeiten mit der Antwort, wenn man sie danach fragt. Sie straeubt sich naemlich, auch nur irgendein Land als ihr Heimatland zu bezeichnen, hat sie doch nach wie vor weder einen Beweis, noch Klarheit, was ihre Herkunft betrifft. Sie hat nicht einmal ein Bild, das heisst, ein Bild aus jener Zeit vor ihrem Gedaechtnissverlust, das als Hinweis oder Nachweis dienen koennte. Und wenn sie auch eines haette, waere ihr damit wahrscheinlich nicht gedient, - nicht mit ihrem derzeitigen Erinnerungsvermoegen. Das ist wie ein Stueck Emmenthaler Kaese, voller Loecher, mit all den neuen Memorabilien dazwischen und hin und wieder ein paar aelteren Daten, die, wie das Fett im Kaese, an die Oberflaeche schwimmen, wenn es der Waerme ausgesetzt wird. Obwohl sie nun durchaus mehr Informationen hat als je zuvor, es ist nicht genug. Sie ist oft nicht einmal sicher, warum, und ob sie sich noch immer in diesem mysterioesen Haus befindet, mit dem sich nahezu alle ihre juengsten Erinnerungen verbinden. Wie kann sie daher rechtens von Heimat oder Heimatland reden? Sie hat keine Heimat, jedenfalls nicht in diesem Haus, auch wenn das Haus selber noch am ehesten der Definition eines „Zu Hause“ entspricht. Nur! Kann man ein Gefaengnis als sein „Zuhause“ betrachten? Sie straeubt sich, denn Gefaengnisse beherbergen Straeflinge! Und wenn sie schon eine Gefangene ist, so ist sie doch noch lange kein Straefling, zumindest nicht, soweit sie sich erinnert, oder es beurteilen kann. Freilich, ohne ihre  Erinnerung ist sogar das moeglich. Vielleicht hat man sie ausgeschlossen, vielleicht hat man sie ausgesetzt. - So oder so! - Dieses ominoese Haus ist nicht ihr „Zuhause“, nicht ihr Heim und, was sich darin befindet, nicht Heimat, oder Heimatland! Bestenfalls sieht sie sich als Besucherin, leider eine, die herumirrt, oder sich verirrt hat. Streng genommen kann sie sich nur in sich selber zuhause fuehlen und damit ist sie entweder ueberall, oder eben nirgends daheim. Zugegeben, das mag fuer andere verwirrend sein, denn, wenn man sie fragt, woher sie komme, bezieht sie sich auf den Platz, wo sie sich gerade befindet, das heisst, wo sie ihre Sachen oder das Bett zum schlafen hat, wo auch immer das sein mag. Des oefteren hat man sie perplexed darauf hingewiesen, dass sie ja gar keine Ansaessige sei. Dimitri und Pia hatten zwar immer darauf bestanden, dass sie bei ihnen zu Hause, und das Land ihre Heimat war, nur, sie wusste das besser. Sie laesst es, widerwillig, dabei bewenden, weil sie keine andere Wahl hat, und, weil sie die beiden, vorallem Pia, mit ihrer Abwehr nicht verletzen mag. Ihre Ansicht hat sich nie geaendert. Geaendert hat sich nur, dass sie nun, muede der Erklaerungen, des oefteren den Reisedokumenten entsprechend, Antwort gibt. Abgesehen davon hatte es Zeiten gegeben, wo sie sich bei Dimitri und Pia wie daheim fuehlen konnte, nicht aber, weil es ihr ‚Zuhause‘, ihre ‚Heimat‘, oder ihr ‚Heimatland‘ war.

Wie dem auch sei, das Land und erst recht, das Gebiet, durch das sie derzeit reisen, ist nicht nur  einzigartig, es ist faszinierend; voller Ueberraschungen, voller Gegensaetze und extrem harschen Bedingungen, aber mit einem so weiten Himmel und ebenso fernen Horizonten, dass es sie immer wieder auf’s Neue erstaunt. Es weckt auch noch andere Gefuehle, doch die verlieren sich im Strom ihrer Sinne, so maechtig, dass er ihren ganzen Koerper durchflutet und sich in ihrem Gehirn weitlaeufig wie ein Delta ausbreitet, bevor er sich ins Meer ihres Bewusstseins mischen kann.

Trockenheit dominiert und praegt die Landschaft, vorallem je weiter man sich von den Kuesten entfernt. Aber man findet gruene Oasen, wenn auch nur selten mit vielen Baeumen. Es gibt nicht Wiesen oder Waelder, sondern vorwiegend Busch und Gebuesch, niedrig, wo’s an Wasser fehlt, immer mehr duerres Gestreuch, als sonstige Vegetation, und dazwischen Disteln und Trockengraeser. Es ist eigenartig schoen in seiner ungezaehmten Wildheit und, - vielleicht grade deswegen, -  Menschenleere. Manchmal glaubt sie, das Land sei unbewohnt, ja unbewohnbar zu sein. Sie moegen stundenlang reisen, ohne jemandem zu begegnen, oder auch nur eine Ansiedlung zu sehen; und wenn sie schon auf eine stossen, besteht sie meist nur aus ein paar Haeusern, eines davon immer mit ein oder zwei Benzinpumpen und kleinem Laden, einer Kantine oder gar Gastbetrieb, wo man das Notwendigste fuer seinen Magen und seine Weiterreise finden kann. Manchmal gibt es sogar  Werkschuppen, Gemeinschaftshalle, eine Kirche oder Schule. Die Gebaeude sind generell aus Holz, mit Blechdach, oder sind vollkommen aus Blech. Hin und wieder tragen sie ein grosses bemaltes Schild, das sie mit einem Namen versieht oder ihren Nutzen beschreibt, wahrscheinlich mehr aus Gruenden der Demonstration lokalen Stolzes, als dass es notwendig waere. Wo die Leute aber sind, laesst sich nicht sagen, ausser man bleibt fuer eine Nacht. Dann trifft man Einheimische und andere vereinzelt Reisende im Gasthof, der fuer das leibliche Wohl aller Gaeste sorgt. Generell gibt es immer mehr Fahrzeuge als Menschen, mit der Ausnahme von den Kontingenten von Landarbeitern, die auf Lastern oder in ueberfuellten Waegen vorbeikommen. Die sorgen dann fuer jedermanns Unterhaltung, vorallem nach ein paar Runden kuehlen Biers. Femina glaubt sich oft im ‚Wilden- Westen‘ und in einer anderen Zeit, dank der diversen, zum Teil recht verwegenen Typen, die sich in diesen Plaetzen zusammenfinden. Es kann recht laut und rauh zugehen, und doch endet es nie in offenen Streitigkeiten, sondern immer nur in allgemeinem Gelaechter.

Von der Hauptstrasse abgesehen, gibt es keine asphaltierten Strassen. Der Rest ist Erde, rot, trocken und staubig. Ein roter Film klebt an allem, sei es Auto, Gewand, Haus oder Hof. Freilich, das sei nur in der Trockenzeit der Fall, erklaert man ihr. In der Regenzeit konnte das ganze zum Schlammbad werden, was dann das Reisen gefaehrlich macht, wenn nicht sogar unmoeglich. Es wundert sie nicht, dass man nur wenige Bequemlichkeiten der modernen Zivilisation vorfindet. Hier braucht man stabile Dinge, die den Elementen standhalten, nicht glaenzendes Chrom und Firlefanz. Vieles muss angepasst oder veraendert, und erst recht repariert werden, mit dem, was man gerade zur Hand hat. Im schlimmsten Fall lebt man ohne den angenehmen Dingen des Fortschritts, oder gar deren Notwendigkeit. Einer der Wagen, die zur Tankstaette kamen, wie sie mit Schrecken feststellte, da sie gerade auf der Holzbank vor dem Laden ihr Hamburger ass, hatte nicht einmal einen Tankverschluss. Nicht dass das den Fahrer stoerte, der seine Zigarette rauchte, waehrend er den Tank fuellte, und dann mit offenem Tank, und offenen Fenstern, weiterfuhr. Wahrscheinlich hatte sein Vehikel schon lange auch keine Fenster mehr.

Ausser  der geringen Bevoelkerung, scheint es auch recht wenig Fauna zu geben. Am zahlreichsten sind Hunde, weniger wilde als zahme, und Voegel, gross und klein. Manche koennen dank ihrer Groesse nicht mehr fliegen, manche sind so bunt wie der Regenbogen. Die haben das froehlichste Gezwitscher, waehrend andere kreischen, kraechzen und laermen wie Kinder voll mit Schabernak. Die Laeufer findet man in den offenen Ebenen, die anderen vorwiegend in den gruenlich grauen Oasen, wo sie Baeume und Buesche frequentieren, aber auch in den Ansiedlungen, wo sie sich ohne Scheu ueberall niederlassen, um alles neugierig zu inspizieren und Futterquellen ausfindig zu machen. Sonst sehen sie meist nur Schlangen, viele Eidechsen, riesig grosse sogar, und natuerlich gibt’s allerlei Kriechendes, und, zu ihrem Leidwesen, haufenweis Fliegen, fuer die Augen, Nasen und Muender besonders anziehend sind. Einmal, als sie an einem Strassenrand kurz Halt machen wollen, bewegt sich der Boden unter ihnen. Mit Schrecken stellen sie fest, dass es sich hier nicht um schwarz-braune Erde handelt, wie sie annahmen, sondern um Raupen, oder Engerlinge, die ziellos ueber-, und untereinander dahinkriechen und mit einer, wer weiss, wie dicken Schichte ihrer Leiber, jegliches Stueck Erde bedecken. Keine einzige Pflanze, oder auch nur ein Grashalm, ist zu sehen, soweit das Auge reicht, wahrscheinlich, weil diese Dinger bereits alles weggefressen haben. Sie konnten das waehrend der Fahrt nicht wahrnehmen, dazu sind die Tiere viel zu klein. Sie glaubten, reiche, dunkle, unbestellte Erde vorzufinden, eben bewirtschaftete Felder, vorallem weil sie bereits mehrere Kilometer daran entlang gefahren waren und gehoert hatten, dass in dieser Gegend monochromatischer Feldanbau betrieben wurde, in industriellem Stil und Ausmass. Zu welchen Dimensionen, das war Femina unbekannt. Ohne Frage, so spekulieren sie, handelt es sich hier um abgeerntete Felder, wo eben zurueckgebliebener organischer Abfall diesen Raupen zum Leben verholfen hat, das nun aber zwangslaeufig im Massentod enden wird, weil es kein Futter mehr gibt. Das Ganze ist ebenso beeindruckend, wie abstossend, wie traurig. Sie setzen ihre Fahrt sogleich wieder fort. Es ist kein einladender Ort, nicht einmal fuer kurze Zeit. Sogar Kraehen scheinen ihrer Meinung zu sein, denn keine einzige ist zu sehen. Vielleicht haben sie ihren Appetit verloren, weil es zuviel des Guten gibt, oder vielleicht, weil es unbekoemmlich ist. Es faellt Femina nicht leicht den Schock los zu werden, den sie empfindet, konfrontiert mit der Realitaet industrieller Ausbeutung und Misshandlung der Natur.

Und doch, dank der Groesse des Landes, findet Femina Schoenheit ueberall sonst. Die Weite des Himmel, die weiten Ebenen, die Oede und Unendlichkeit, all die intensiven Farben und ausgebleichten Farbtoene, sie glaubt sich in einer Galerie voll mit Kunstwerken. Der Kontrast der roten Erde mit dem tiefen Blau des Himmel ist so intensiv, dass es ihre Sinne voellig ueberwaeltigen wuerde, gaebe es nicht die Sonne, mit deren Licht sich Farbe und Landschaft staendig veraendern, und mit deren Lauf immer wieder neue Farb- und Schattenspiele entstehen. Es gibt keinen langweiligen Augenblick, nie eine eintoenige Landschaft. Der rote Kanvas wird erst recht zur Augenweide, wo sich verschiedenfarbiges Gestein und felsiges Gelaende findet und wo das Gruen in der Vegetation genauso vielfaeltig ist, wie es Pflanzen und Wasser gibt! Tatsaechlich ist das Land eine Festtafel voller Koestlichkeiten und sie schwelgt darin, wie die sprichwoertliche Made im Speck. Sie fuehlt sich ungemein frei und ungebunden. Ihre Seele wird zum Schmetterling mit grossen bunten Fluegeln. Waehrend ihr Koerper sich volltrinkt mit der klaren Luft, und mit der Sonne bei Tag, des Nachts fuellt er sich mit der weiten, wundersamen Stille und mit dem Zauber der funkelnden Sterne, die zahlreicher und naeher zu sein scheinen, wie sie es nur selten anderwo gesehen hat; selbst der Mond ist groesser und heller, manchmal ist er sogar golden und rot. Nichts truebt ihre Lebensfreude, nicht einmal jene dunkle, schwere Kugel, die sie sicher verwahrt in ihrer innersten Brusttasche traegt. Sie fragt sich nicht, ob oder was die Zukunft bringen wuerde. Soweit sie es beurteilen kann, hat sie ohnehin keine. Sie hat nicht einmal eine Vergangenheit, ausser den paar Erinnerungen aus juengster Zeit. Was sie jetzt erlebt, genuegt ihr vollkommen. Easy rider! Mehr bedarf es nicht!      

Freilich, auch wenn sie kein Beduerfnis hat, etwas zu aendern, Veraenderung findet statt. Langsam und stetig kriecht sie heran. Nicht nur die Landschaft veraendert sich, selbst die Luft, ja das ganze Klima und damit natuerlich auch alles, was mit ihrer Reise zusammen haengt. Zuerst kaum wahrnehmbar, gibt es mehr Gruen, dann mehr Vegetation. Der Wind hat einen feuchten Atem. Die Erde bedeckt sich mit saftigen Graesern und immer mehr mit allerlei Gebuesch. Inseln mit kleinen und grossen Baeumen, sogar mit Palmen tauchen auf und beginnen zusammen zu wachsen. Es finden sich des oefteren Ansiedlungen, wenn auch nur selten entlang der Strasse. Damit gibt es mehr Verkehr, haeufiger Tankstellen und Rasthaeuser und mehr menschlichen Kontakt. Anfangs ist ihr das willkommen, aber leider wird ihr bald klar, dass die Aenderung nichts Wuenschenswertes ist, vorallem was die Menschen betrifft, die hier leben. Sie findet sie nach einigen Begegnungen abstossend, ja geradezu widerlich. Wohl gibt es nun mehr Dinge der Zivilisation, aber nicht, was das Volk angeht. Das sind Barbaren, grob in Erscheinung und erst recht in ihren Gepflogenheiten. Fast alle, auch Frauen haben voellig ersichtlich Gewehre in ihren Waegen oder auf den Ladeflaechen ihrer Vehikel, bewacht von Hunden, die ihre Pflicht sehr ernst nehmen, mit hochgezogenen Lefzen und scharfen Zaehnen und hoerbarem Knurren, sobald man zu nahe an ihre Vehikel herankommt. Femina schaetzt die Hunde aber mehr, als deren Besitzer, denn sie tun nur ihre Pflicht, waehrend ihre Herren nicht mehr als brutale Zeitgenossen sind. Sie hat gar keine Wahl, sie muss deren Sitten, deren Gebraeuche ablehnen, erst recht, als sie erfaehrt, dass sowohl Frauen wie Tiere, ueberall und staendig, in Gefahr leben. Die Maenner gehen naemlich, unter anderen Jagdgepflogenheiten, auch auf Frauenjagd. Ihre Beute erlegen sie entweder gleich an Ort und Stelle, oder sie schleppen sie ab, um sie als eine Art Haustier an die Leine zu legen. Damit haben die Frauen natuerlich guten Grund, sich mit Waffen zu versehen.

Meinungsverschiedenheiten gibt es mehr als genug, zwischen allen, aber vor allem den Maennern. Sie ist leider, und zu oft, ungewollte Zeugin. Man schlichtet Streit generell mit der Faust. Der Sieger hat immer recht. Prinzipiell ist man sich darueber einig, dass nur der Gewinner recht haben kann. Man scheint ueberhaupt zu glauben, dass nur der Starke ein Recht auf Leben hat und nur der Staerkste ueberlebt. Frauen sind prinzipiell zweitrangig, sind sie doch das „schwache Geschlecht“. Auch wenn Femina sich wundert, wie diese, zum Teil formidablen Amazonen, solchen Unsinn glauben koennen, sie laesst es dabei bewenden. Die meisten beaeugen sie ohnehin mit Misstrauen und manchmal Feindseligkeit.

Femina fuehlt sich zwar nicht unmittelbar bedroht, hat sie doch zwei Begleiter, doch auch deren sonstige Gelassenheit, ist einer Vorsicht Platz gewichen, die Femina aus mehreren Gruenden alarmiert. Sie sieht deren Aenderung nicht nur in den Augen, sondern in ihrem ganzen Verhalten. Sie bewegen sich viel langsamer und ihr Gang ist fest, ja erdverbunden. Wenn sie von ihren Maschinen absteigen, oeffnen sie ihre Lederjacken, nicht nur, weil das Klima waermer ist, so glaubt sie jedenfalls, sondern um zu zeigen, dass sie Muskeln haben. Ihr Blick ist geradezu arrogant, ueber alles und jedes hinwegstreifend, als seien sie nur bedingt an ihrer Umgebung interessiert. Femina entgeht es nicht, wie aufmerksam sie sind, wenn auch unnahbar, mit ihren engen Pupillen. Meist kaufen sie, was sie brauchen, ohne sich aufzuhalten oder viel zu reden. Sie vermeiden Rasthaeuser und Camping Plaetze und waehlen sorgsam ihre Raststaetten und Nachtlager, immer abseits von der Strasse, weg von neugierigen Augen. Offensichtlich wollen sie so wenig wie moeglich menschlichen Kontakt. Femina kann dem nur beistimmen und trotzdem sie nun mehr Bequemlichkeiten zur Verfuegung haette, sie reist lieber rauh, als diesen Menschen ueber den Weg zu laufen.

Es ist ein blauer, wolkenloser Morgen, als sie sich wieder von ihrem Nachtlager erheben und ohne Verzoegerung reisefertig machen. Das schwarze Metall und Chrom der Maschinen glaenzt nass in der aufsteigenden Sonne. Die Luft ist feucht und kuehl. Sie unterlassen fast immer naechtliche Lagerfeuer und essen ihr erstes Mahl meist erst Mitmorgen, nachdem sie viele Meilen hinter sich gebracht haben. Das Ritual des morgendlichen Fruehstuecks, um den neuen Tag zu begruessen, hat nun einer raschen und schweigsamen Routine Platz gemacht. Schlafsaecke sind schnell aufgerollt, die kleinen Zelte schnell abgebaut und alles ist schnell weggepackt. Gesichts-, oder Koerperwaesche gibt’s erst an der naechsten Wasserstelle, wenn moeglich, an einem Fluss oder Teich, ansonsten in einer der Raststaetten oder Tankstellen, wenn sie keine andere Wahl haben.  

Sie ist noch nicht wirklich reisebereit. Waehrend sie auf Ger warten, umfasst sie, schlaefrig, Dan’s Mitte. Er ist angenehm warm. Seine braunen Haarlocken quellen aus dem Helm auf die Schultern. Sie legt ihren Kopf auf den breiten Ruecken darunter und laesst ihrer Schlaefrigkeit freien Lauf bis ploetzlich die Maschinen aufheulen und sich Dan’s Ruecken gegen ihren Koerper presst. Das Vibrieren und Droehnen steigert sich zum Creszendo und faellt dann zurueck in befriedigtes Gebrumm. Der Asphalt fliegt dahin unter ihnen, und streckt sich vor ihnen hinein ins weite Land, eine Meile nach der anderen verliert sich hinter ihnen und sie fliegen vorbei am Gruen, hinein in braungelb gebrannte Huegel. Die Maenner haben eine einsame Route gewaehlt, sie begegnen niemandem, weder Fahrzeug, noch einer Menschenseele. Das Singen der Maschinen wiegt Femina immer wieder in wohliges Doesen. Manchmal spaeht sie ueber Dan’s Schultern in die Ferne, wo sie Berge zu sehen glaubt. Immer wieder faellt sie zurueck in ihr geistiges Daemmern, fuer wie lange, das kann sie nur daran abschaetzen, wie weit die Sonne in der Zwischenzeit auf ihrer Reise gekommen ist.

Ein fremdes Geraeusch, eine Art Grollen, das sie ueber dem satten Gedroehn der Maschinen wahrnimmt, macht sie ploetzlich hellwach. Vielleicht ein Gewitter, aber keine Wetterfront ist in Sicht, wie sie sich vergewissert, und doch, lauter werdend, bewegt es den glatten Himmel und der Horizont vibriert in der schimmrigen Luft. Femina fuehlt Schauer durch ihren Koerper laufen. Das rollende Donnern hat etwas Unheimliches in sich. Dan und Ger verlangsamen die Fahrt und ziehen nebeneinander auf gleiche Linie, offensichtlich um sich miteinander zu verstaendigen. Nach ein paar Gesten und Ger in eine bestimmte Richtung deutend, beschleunigen sie wieder.

Das Droehnen im Himmel klingt fast wie ein Geschwader von Flugmaschinen, doch kann sie nichts dergleichen entdecken. Wahrscheinlich ist es nicht nahe genug, ausserdem entfernt es sich wieder. Sie hat auf diesem Trip nie ein Flugzeug gesehen, noch gehoert, und schon garnicht etwas, das wie ein Geschwader klang. Sie wuesste nicht einmal, welcher Art dieses Geschwader sein koennte, ganz gewiss hat es keine Aehnlichkeit mit militaerischen Fliegern und auch nicht mit den kleinen privaten Maschinen, die vorwiegend landwirtschaftlichen Zwecken dienen. Sie erinnert sich an das Gespraech einige Abende zurueck, in dem Ger erwaehnte, dass er seinen Bruder aufsuchen  wolle, der sich in dieser Gegend, irgendwo auf ihrer Route, sesshaft gemacht zu haben schien. Es war sein Lieblingsbruder, der juengste aus einer Schar von Siblingen. Er hatte ihn schon lange nicht gesehen und immer weniger von ihm gehoert. Er schien fast ein wenig besorgt zu sein. Vielleicht steuern sie gerade auf eine Stadt zu, wo sie ihn finden werden und wo es einen Flugplatz gibt, mit regem Flugverkehr.

Femina hoert auf mit dem Spekulieren. Sie findet auch ihre Alarmgefuehle mehr als laecherlich. Ist ihr nicht ohnehin egal, wen, oder was ueberhaupt, sie auf dieser Reise tun oder kennenlernen wuerde? Sie hat keine Plaene, kein Ziel, keinen Wunsch. Alles dank jener Kugel, die sie mit sich traegt, so gross, wie ein Golfball, oder nicht viel groesser als eine grosse Murmel, mit der Kinder spielen, wenn auch ohne deren Buntheit und viel zu schwer fuer dies oder jenes Spiel. Verwahrt in der Brusttasche ihrer Kleidung, sie hat sich an das Gewicht dermassen gewoehnt, dass es sie kaum beschwert. Manchmal holt sie sie hervor, an stillen Abenden, wenn sie sich unbeobachtet glaubt, oder sie greift danach und rollt sie zwischen ihren Fingern, bloss um sich selber zu vergewissern, dass sie tatsaechlich vorhanden und nach wie vor unveraendert ist, rauchschwarz und undurchschaubar, mit dunklen Schatten darin. Meist aber laesst sie sie unberuehrt. Sie spuert ohnehin die harten Konturen, wenn sich Dan’s Koerper an ihren Brustkorb drueckt, im lift-off unter einem fulminantem Start oder unter leidenschaftlicher Umarmung. Er hat sie einmal gefragt, was, oder ob es eine Art Talisman waere, den sie mit sich herumtrage; offensichtlich beobachtet er sie mehr als sie annimmt, oder er spuert es unter den besagten Umstaenden. ‚Nein, oder vielleicht doch, in gewisser Weise‘, hatte sie zoegernd geantwortet und sogleich hinzugefuegt, dass es mehr eine Art Andenken sei; wenn auch nur von sentimentalem Wert, sie koennte sich nicht davon trennen. Er hat sie seitdem nie wieder darauf angesprochen. Wahrscheinlich spuert er, dass sie nicht bereit ist, mehr darueber zu sagen. Wahrscheinlich weiss er, dass er besser dran ist, es dabei zu belassen.

Femina bleibt wachsam, trotzdem alles friedlich zu sein scheint. Sie machen jedoch nur kurze Rastpausen, meist nur um aus ihren Wasserflaschen zu trinken, und einmal, um ihren Hunger zu stillen. Das ist auch das einzige Mal, dass sie von ihren Maschinen absteigen. Nicht dass sich bis jetzt etwas Aussergewoehnliches ereignet haette, eines ist ziemlich klar, die Reise ist nicht wie sonst gelassen und vergnueglich, sie hat etwas Getriebenes an sich und offensichtlich ein bestimmtes Ziel, das bestens so schnell wie moeglich erreicht werden soll. Hin und wieder laesst das Gedroehn aufhorchen, aber nach wie vor laesst sich nichts Besonderes entdecken, ausser dass es nun noch andere Wege und sogar schmale Strassen gibt, die die ihre kreuzen. Trotzdem sind sie nach wie vor die einzig Reisenden. Freilich, das heisst nicht, dass die Gegend wirklich unbewohnt ist, sondern nur, dass sich dass sich die groesseren Ansiedlungen hinter der Bergkette befaenden, auf die sie zusteuern, nicht davor, so hat ihr Dan erklaert, als sie sich ueber die einsame Reise verwundert hatte. Was es mit dem Gedroehn auf sich habe, wussten ihre Freunde allerdings nicht, zumindest waren sie sich nicht sicher.

Sie sind jenen Bergen nun recht nahe gekommen. Das letzte Stueck ebenen Vorlandes ist bereits besaeht mit Flecken lichten Waldes, Vorboten der bewaldeten Bergruecken und Schluchten vor ihnen. Aber sie kommen nicht viel weiter. Ihre Reise endet ploetzlich vor einer Strassensperre. Sie besteht aus einem grob behauenen Baumstamm, der auf zwei soliden Steinbloecken und einem massivem Metallgatter ruht, und in dessen Mitte man ein grosses Halteschild genagelt hat. Sie nehmen ihre Helme ab, da ihnen nichts anderes uebrig bleibt als zu warten oder sich zu beraten, was sie tun koennten. Es ist unmoeglich, die Sperre zu umgehen. Ein Feld spitzer Steine breitet sich links und rechts neben der Strasse aus, das sich bei naeherer Betrachtung als formidable Barriere herausstellt, da zwischen dem ohnehin sehr scharfkantigen Gestein, viele Metallspitzen hervorragen. Nur ein Panzer koennte ueber sowas drueberfahren und ueberleben.

War sie bereits in Alarmstimmung gewesen, die Antwort auf ihre Frage, was es mit dieser Strassensperre auf sich habe, alarmiert sie erst recht: Sperren dieser Art markieren Territorien. Sie sind eine Art Mautstelle, eingehoben von ansaessigen Gruppen, die bestimmte Gebiete kontrollieren und sich, auch wenn sie nicht unbedingt die rechtlichen Besitzer des Gebietes waren, als solche aufspielen, mit Gewalt, wenn es sein muss. Diese Gruppen leben nach ihren eigenen Gesetzen und Fehden zwischen ihnen, sind ueblich. Sie werden durchaus blutig ausgefochten, oft genug mit toedlichem Ausgang. Mord und Totschlag sind Mittel zum Zweck. Meist geht es um Dominanz, territoriale Ansprueche und Demonstration von Staerke, erklaeren ihr die beiden. Es erinnert sie an die Raubritter, von denen sie im Geschichtsunterricht gehoert hat, mit dem Unterschied, dass jene Landrechte besassen. Allerdings mit welchem Recht Land je in Besitz genommen werden kann, ist eine prinzipielle Frage und obendrein keineswegs frei von Willkuer. Also, folgert sie, gibt es nicht wirklich viel Unterschied zwischen den alten und neuen Raeubern. Sie hat den Geschichtsunterricht, mit seinen vielen Geschichten immer interessant gefunden, den Unterricht aber oft als  Maerchen-, oder Gruselstunde empfunden. Vieles war geradezu unglaublich. Vieles ist offensichtlich nicht wirklich Vergangenes.

Fernes Grollen unterbricht ihre Betrachtungen. Diesmal entschwindet es nicht, sondern wird lauter und je naeher es kommt, desto bedrohlicher wirkt es auf Femina. Trotzdem es nun ueber ihnen zu sein scheint, kann sie nichts ausmachen. Mit weiten Augen starrt sie in den Himmel. Und dann sieht sie sie, die Flugkoerper, das heisst, sie sieht einige schwarze Punkte und hin und wieder rotes Glimmern. Es koennten Voegel sein, Geier, so wie sie kreisen. Aber da ist das Droehnen und dieser rote Schein, manchmal hellrot und dann wieder nur ein Funke. Es koennen also keine Voegel sein, und Drachen gibt es doch schon lange nicht mehr. Ploetzlich fallen die Punkte im Sturzflug auf sie nieder, wie Torpedos, oder Missiles, mit rauchigem Schweif. Sie hoert kein Gedroehn mehr, bloss lautes Pfeiffen, als es naeher kommt, aber auch das hoert auf, denn der Sturzflug endet wieder, in unmittelbarer Hoehe ueber ihnen, und unter ohrenbetaeubendem Laerm. Femina hoert allerdings vorwiegend ihr eigenes Herz schlagen, nachdem es zuvor mit dem Schlagen aufgehoert hat. Tatsaechlich! Fuer einige Augenblicke war alles zum Stillstand gekommen, selbst Zeit. Das ist wahrscheinlich immer so, wenn man der unausweichlichen Annihilation ins Auge sieht.  

Die neue Entwicklung, willkommen oder nicht, laesst ihr nach wie vor wenig Zeit zum Denken. Das Schwadron, nun nahe genug fuer Details, verbluefft und verwirrt sie erst recht. Sie sieht weite schwarze Schwingen, die sich, soweit sie es beurteilen kann, wie eine Haut, zwischen Armen und Beinen ausspannen, grad so, als handle es sich hier um riesige Flughunde.  Aber natuerlich koennen es keine Fledermaeuse, keine Riesenvoegel sein, auch keine Flughunde oder aehnliches Getier. Sie haben schliesslich Raketenzylinder an ihren Unterschenkeln, die Feuer ausspeien und ohrenbetaeubendes Gedroehn. Es sind ihrer acht oder neun und auch wenn sie nun ueber sie hinweg fliegen, sie teilen sich und landen auf der Strasse, hinter und vor ihnen. In gezuegelter Fahrt rollen sie bis auf wenige Meter heran, um dann, wie’s scheint, in strategisch durchdachten Positionen und sicherem Abstand, Stellung zu nehmen.  

Dan und Ger werfen sich ein paar Blicke zu, waehrend Dan zu ihr sagt, dass sie es hier mit den „Desperados“ zu tun haetten und dass sie sich nur ganz ruhig verhalten sollte. Auch wenn die Situation gefaehrlich sein koennte, er glaube nicht, dass es zu einem ernsthaften Zwischenfall kommen wuerde. Femina bedarf seiner Anweisung nicht, denn was auch immer sie empfinden mag, es waere ohnehin voellig sinnlos, sich zu Handlungen hinreissen zu lassen. Offensichtlich wollen diese Banditen ihre Maut, nicht ihr Leben. Fragt sich nur, welcher Art, oder wieviel Maut sie zu zahlen haben, bevor man sie weiterreisen laesst. Ein Versuch, diesen Jaegern entkommen zu wollen, waere absurd. Femina’s Verstand weigert sich, ihre Gefuehle analysieren zu wollen, denn nur ein kuehler Kopf ist hier gefragt, nicht Gefuehle, egal welcher Art.

Sie vermeidet allzu offensichtlich auf die einzelnen Maenner zu starren, obwohl ihr das nicht leicht faellt. Sie stecken in voller Lederausruestung und tragen Helme, mit geschlossenem Visier. Sie sind von unterschiedlicher Groesse, aber ihre Koerper sind solide, voll gepackt mit Muskeln, so nimmt sie an, auch wenn sie diese im Moment nicht sehen kann. Manche haben lange Haare, lange Baerte oder auch beides. Zudem sind sie bewaffnet als waeren sie im Krieg. In Hueftguerteln stecken Schiesswaffen und in Schenkelhalftern Messer, gross und klein. Ihre Schwingen sind jetzt zusammengefaltet. Offensichtlich bestehen sie aus einem duennen aber extrem festen Material, das sich leicht zusammenfalten und wahrscheinlich sogar leicht abnehmen laesst. Auch wenn sie sich dafuer interessiert, sie wagt nicht, zu lange an Details haengen zu bleiben. Die Beinraketen bestehen aus einer Einheit von „Bladerollerschuh“ oder besser, Stiefel, die bis unter die Knie reichen und an den Seiten mit schlanken Raketenzylindern ausgestattet sind. Sie sehen klotzigen Schischuhen aehnlich, eine Assoziation, die sich auf Material und Steifheit bezieht, obwohl sie natuerlich keine Ahnung hat, woraus es besteht. Eines ist gewiss, es muss ein hoechst spezieller Kunststoff sein. Ueberhaupt! Die ganze Ausruestung ist mehr als beeindruckend! Auf der Brust finden sich Plaketten, doch da alles in schwarz gehalten ist, koennten es auch Schaltknoepfe sein. Sie fragt sich, woraus die Raketen gemacht sind, wie sie funktionieren und womit der Antrieb bewerkstelligt wird. Nichts deutet darauf hin. Moeglicherweise tragen sie Behaelter auf ihren Ruecken, was sie im Moment natuerlich nicht sehen kann. Die Augen sind hinter den nahezu schwarzen Visieren verborgen, waehrend die grauen Helme, gut sichtbar in der Mitte, wie ein drittes Auge, ein schwarzes Emblem aufweisen, bestehend aus einem Totenkopf mit zwei gekreuzten Gewehren. Es ist voellig schmucklos, nicht wie andere Embleme, die meist farbenpraechtig sind. Und doch sagt das Einfache mehr als Worte; das ist eine Bande, eine feindselige Meute, hungrigen Woelfen gleich, oder Vampiren und fleischfressenden Flughunden, bedrohlicher und gefaehrlicher als jedes Tier, und ganz gewiss viel grausamer.

Bis jetzt hat man sie nur wortlos angestarrt. Ein leises Brummen ist zu hoeren, wahrscheinlich laufende Motoren, grad so, als sei die Meute unentschlossen, wie sie mit den Fremden verfahren wollte. Dan’s Koerper hat sich hochaufgerichtet. Stahlhart presst sich sein Ruecken gegen sie, abwartend, ohne die geringste Bewegung. Falls sein Herz noch immer schlagen sollte, es tut so hinter sicheren undurchdringlichen Waenden, die nichts verlauten lassen. Femina jedoch, im Gegensatz zu Dan, entspannt sich. Bereits waehrend der schweigsamen Konfrontation mit diesen neuzeitlichen Raubrittern, oder Strassenraeubern, ist sie immer ruhiger geworden. Je mehr sie deren Erscheinung ihrer Ueberpruefung und Einschaetzung unterzog, zugegeben, wenn auch nicht tiefer als deren aeussere Schale, es fasziniert sie und weckt erst recht ihre Neugierde. Diese Typen moegen noch so unheimlich oder bedrohlich sein, sie sind, nichts desto trotz, ebenso faszinierend. Was sich unter der Schale verbirgt, muss sich erst zeigen, und wenn die Hinweise auch nicht auf viel Gutes schliessen lassen, Furcht ist weder hilfreich, noch angebracht, noch notwendig, sagt sie sich jedenfalls. Notwendig ist allerdings ihre ungeteilte Aufmerksamkeit, und ihr Verstand: ‚Selbst der beste Jaeger hat seine Schwaechen und jede Meute hat einen Fuehrer!‘ Freilich! ...Viele Hunde sind des Hasen Tod......, aber hat sie Angst vor dem Tod? Ganz gewiss nicht! Ohne sich dessen wirklich gewahr zu sein, fasst sie in ihre Brusttasche. Schwer rollt die runde Murmelkugel  hinein in ihre hohle Hand. Easy Rider! Strassenraeuber! Was auch immer! Niemand ist nur schlecht, niemand ist nur gut.  

Sie ist also faehig, ihre Aengste an die Leine zu legen, nun da sie weiss, womit sie es zu tun hat. In der Tiefe ihres Bewusstseins regen sich jedoch noch andere Gefuehle, die sie noch nicht entschluesseln kann, grad so wie der Hofhund, der an seiner Kette liegend, vorgibt zu schlafen, waehrend er hellhoerig jedes Geraeusch registriert und auf klare Signale wartet, bevor er in Aktion springt. Was es sein koennte, laesst sich nicht sagen. Daher ist es besser, zu warten.

Mit einem Male verstummt auch das Brummen der Maschinen. Eine scharfe Maennerstimme ertoent, laut und hohl, als kaeme sie durch ein Mikrophon:

„Was wollt ihr hier? Das ist unser Gebiet! Ihr habt hier nichts zu suchen!“

Ger antwortet, mit ruhiger, fester Stimme, ohne jedwede Angst oder Erregung:

„Wir sind nicht gekommen, um das in Frage zu stellen. Wir sind auf der Durchreise hinauf in den Norden, aber ich habe einen Bruder, der sich hier irgendwo niederlassen wollte oder bereits niedergelassen hat. Vielleicht weiss jemand von Euch, wo ich ihn finden koennte.“

Dem folgt wieder Schweigen, doch Femina glaubt, dass die Gruppe sehr wohl miteinander kommuniziert, auch wenn sie nichts hoeren oder sehen kann.

 

Schliesslich loest sich einer der Maenner aus der Gruppe vor ihnen und rollt heran an den Balken. Die anderen verweilen regungslos, Haende nahe ihrer Waffen. Femina spuert Dan’s Muskeln weicher werden. Er fasst nach hinten zu ihr, anscheinend, um ihr mit seiner Geste mitzuteilen, dass sie sich jetzt in keiner unmittelbaren Gefahr mehr befaenden.                

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